Wenn die Heimat zu eng wird

"Kultur in der Werkstatt" mit Monika Drasch – Von der Ari bis zum "American Yodelling"

13.11.18 –

Vornbach. Einmal im Jahr wird die Schreinerwerkstatt in Vornbach zur Bühne und zum Konzertsaal, wenn die Möbelmanufaktur Wagner in Zusammenarbeit mit dem Kulturförderverein Neuhaus zu "Kultur in der Werkstatt einlädt" – und diesmal wäre die Fertigungshalle für Möbel fast zu klein geworden. Monika Drasch entführte ihre Zuhörer an die "Böhmische Grenz" und weit darüber hinaus, denn irgendwann schien ihr die Heimat, der Bayerische Wald, zu eng zu werden.

Monika Drasch ist tief in dieser Heimat verwurzelt – auch musikalisch ist sie dort daheim. Ihre Lieder aus dem Bayerischen Wald und aus dem Böhmerwald berühren die Zuhörer, vor allem auch durch die ehrliche, aufrechte Interpretation, die aus der Tiefe der Seele aufsteigenden Jodler und Juchzer, die über manchen düsteren Gedanken hinweghelfen.

Markenzeichen ist die grüne Geige

Das alte Fuhrmannslied "Auf der böhmischen Grenz" wird auf einmal sehr lebendig und lebensfroh, auch dank der ungemein zarten, aber durchaus auch fröhlich-starken Stimme, mit der Monika Drasch ihre "Heimatgeschichten" musikalisch erzählt. Sie will einfach, dass sich die Leute noch freuen können, denn "nix is gwiss" – das Leben ist einfach spannend, aufregend, mit all seinen Licht- und Schattenseiten, die auch in den Liedern immer wieder einmal anklingen. Und das macht Monika Drasch auch spürbar, wenn der Schalk aus ihren Augen blitzt, wenn sie ihre legendäre grüne Geige zur Hand nimmt oder mit hörbarer Leidenschaft auf dem Dudelsack eine böhmische Polka spielt. Da gibt es ein scheu-zartes Liebeslied und den Blick aus der Heimat aus dem "Woid" hinaus ins "Gäu" jenseits der Donau, wo die reicheren Leute daheim sind, da gibt es den schmerzhaft berührenden Abschied von dieser armseligen Waldheimat im "Hubnlied", einen Abschied, wie ihn nicht nur die Böhmerwäldler vor Jahrzehnten spüren mussten und da gibt es die hoffnungsfrohen Jodler – aus der musikalischen Überlieferung des Bayerischen Waldes, von Monika Drasch und ihren wahrhaft mitreißenden Musikern von allem Staub der Vergangenheit befreit und zum Leuchten gebracht.

Monika Drasch versteht es, mit musikalischer Überlieferung zu spielen, sie auch mit ganz neuem Leben zu erfüllen, auch, wenn sie ein Gedicht des 85-jährigen Reiner Kunze aus seinem Buch "Die Stunde mit dir selbst" vertont. Reiner Kunze und seine Ehefrau konnten sich im Publikum über dieses Lied spürbar freuen.

"Hinum und herum" führte der musikalische Weg, "übern Gugelwald", hinaus in die Weite jenseits der Donau, so wie einst viele Auswanderer aus dem Bayerischen Wald nach Amerika fuhren und dort ihre Heimat in Erinnerung bewahrten. Wie sich das anhört, das zeigte Monika Drasch mit ihrem "American Yodelling", Jodler, die in den Vereinigten Staaten zu einer ganz eigenen Musikrichtung wurden und die irgendwann wieder zurück in die "alte Heimat" kamen.

Lieder zum Mitjodeln

Da sprühte Monika Drasch voll Lebensfreude, da wurde die Stille des Waldes schnell durchbrochen, auch durch den zauberhaften Klarinettisten Norbert Nagel, der die leise-berührende Musik des Bayerischen Waldes mit eleganten Jazzlinien durchzog, der swingende Akzente setzte, ohne jemals irgendwie "aufdringlich" zu werden. Dazu kam Christian Gruber auf der Gitarre, der seine Virtuosität auch in einem bewegenden Solo unter Beweis stellte, und da war Alex Haas, der nicht nur mit seinem Bass den mitreißenden Rhythmus vorgab, sondern auch mit Monika Drasch als echter Nichtbayer tiefsten bairischen Dialekt sang. Da wurde durch diese in musikalischer Lust glänzenden Interpreten schnell eine böhmische Polka zum Swing und der bayerisch-böhmische "Grenzganglandler" ordentlich "verjazzt". Aber immer wieder zeigte Monika Drasch dem Publikum, das sich durchaus auch zum "Mitjodeln" anregen ließ, wo sie daheim ist – im Bayerischen Wald, wo es auch die besondere Liedform der "Ari" gibt, Lieder ohne Worte, nur aus der Tiefe des Gefühls aufsteigend. Und ehrliches Gefühl war bei Monika Drasch und ihren Musikern zu spüren, wenn sie diese "Ari" zu einem großen Klangwerk ausbauten. Und dass Monika Drasch auch einfach fröhlich sein kann, zeigte sie in ihrem Lied über die Wünsche eines heranwachsenden Kindes, das aber auch irgendwann die Heimat verlässt und in dem Couplet "A richtig scheena Tag", das von der Rechthaberei unter Eheleuten erzählt – Ausflüge in den Alltag, die aber am Ende immer wieder dorthin führten, wo das Leben am meisten spürbar ist, in die Heimat, die dennoch irgendwann zu eng werden kann.

Hans Würdinger

Quelle: Passauer Neue Presse vom 13.11.2018
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