Lebensfrohe Barockmusik

Junge Musiker von "Fantasmi" begeistern bei ihrem Auftritt in Vornbach

03.08.22 –

Vornbach. Wenn der Flötenvirtuose und Musikprofessor Paul Leenhouts aus Texas ein Konzert veranstaltet, dann ist höchste musikalische Leidenschaft und Virtuosität garantiert. So auch diesmal mit seinem Ensemble "Fantasmi", neun jungen Musikern, alles ausgewiesene Experten für Alte Musik, die in der Pfarrkirche Vornbach wenig bekannte Werke der barocken Kammermusik zu einem zutiefst bewegenden Klangerlebnis machten. Diese Musik war der Vornbacher Kirche regelrecht "auf den Leib geschnitten", denn alle Werke entstanden etwa in der Zeit der Barockisierung des Gotteshauses.

Paul Leenhouts, der souveräne Leiter des Ensembles, stellte sich bei diesem Konzert sehr bewusst selbst in den Hintergrund und ließ den einzelnen Instrumentalstimmen großen Raum zur ausdrucksstarken Entfaltung. So konnte jeder der Solisten das Klangbild "seines" Stücks bestimmen und gleichzeitig das Ensemble mit absoluter Sicherheit führen, denn jedes der ausgewählten Werke italienischer Barockmusik hatte seinen starken eigenen Charakter, der viel Raum für die einzelnen Instrumente bot.

In der barocken "Nachtmusik" von Antonio Vivaldi (1678-1741) gab allerdings Paul Leenhouts mit der Blockflöte den Ton an. Elegant führte er das Ensemble "Fantasmi" in der Spannung von Largo und Presto zu einer Musik zum Träumen, von der bewegten Unsicherheit der Nacht zur gelösten Ruhe. Aber bereits im Konzert in e-Moll von Tommaso Albinoni (1671-1750) trat mit Annie Barnette eine junge Barockgeigerin aus Texas, selbst Lehrbeauftragte für Streicher, in den Vordergrund. Mitreißend gab sie das Tempo vor, das zeigte, wie hier leidenschaftliche Freude an der lebensfrohen Barockmusik zu einem sehr homogenen, präzisen und zugleich emotionalen Klangbild verschmelzen kann.

Die Südkoreanerin Jiyoung Kim brillierte nicht nur absolut sicher im Continuo der einzelnen Werke, sondern vor allem in dem Konzert für Cembalo von Giovanni Benedetto Platti (1697-1763). Auch hier wurde deutlich: Musik ist nicht nur Theorie für ein Studium, sondern wird sinnlich erfahrbar durch die lebendige Aufführungspraxis.

Heiter-bunt wie eine Blumenwiese wirkte zunächst das Konzert in D-Dur von Antonio Vandini (1690-1778). Hier "malte" die Cellistin Sydney ZumMallen ein leuchtend-fröhliches Klangbild, das zu einem kraftvoll-eleganten Allegro-Schlusssatz aufstrahlte. In Giovanni Amadeo Grauns (1703-1771) Konzert in C-Dur in der Dynamik im Satzwechsel stieg Paul Leenhouts Flöte in wahrhaft klangliche Sphären.

Dass die Bratschen nicht nur im "Mittelfeld" eines Orchesters angesiedelt sein müssen, zeigten Nicolas Valencia und Patrick Hayes. Sie ließen in der Sinfonia III in D-Dur von Giuseppe Antonio Bernabei (1649-1732) im Zusammenspiel mit Cello, Kontrabass (Ian Grems) und Theorbe (Héctor Alfonso Torres Gonzáles) aus dem Dunkel des Klangs immer wieder warme, helle, klangvolle Lichtstrahlen funkeln.

Das Konzert "A Tempesto di Mare" von Lorenzo Gaetano Zavatini (1690-1764) wurde ein wahrer musikalischer "Seesturm", vor allem durch den mexikanische Violinsolisten Karim Ayala Pool. Seine zutiefst bewegenden Solopassagen verbanden spirituelle Tiefe mit explosivem Klang. Hier geriet im Klangbild das Meer in aufgepeitschte Wellenbewegung, der musikalische Sturm wurde von dem jungen Solisten spürbar mit Leib und Seele zum Ausdruck gebracht – ein Werk, das keinen Zuhörenden an diesem Abend unberührt lassen konnte. Zweifellos der absolute Höhepunkt eines rundum glanzvollen musikalischen Abends, in dem Paul Leenhouts zwar mit überlegener Routine, aber immer voll Leidenschaft mit filigraner Flötenmusik im Konzert in F-Dur von Giuseppe Sammartini (1693-1740) einen glanzvollen Schlusspunkt setzte, der zeigte, was Leenhouts so in Worte fasste: "Es war uns ein Vergnügen, hier in Vornbach zu sein."

Natürlich erklang an diesem überwältigenden Konzertabend auch die Egedacher-Orgel in der Pfarrkirche Vornbach. Jamilova Javadova-Spitzberg aus Aserbaidschan zeigte mit einer Toccata von Georg Muffat die Klangvielfalt des Instruments, und die Toccata des Salzburger Domorganisten Johann Ernst Eberlin (1702-1762), die einst im Dom zu Salzburg erklang, erfüllte auch eindrucksvoll den Vornbacher Kirchenraum.

Dr. Hans Würdinger

Passauer Neue Presse, 3. August 2022