Ein neuer "Baum" im Kulturgarten

Er macht den Komplex Leben leicht verständlich – Neuhauser Schüler kümmern sich um ihn

24.11.21 –

Neuhaus am Inn. Die Aktion "Lebensbaum" stellt auf eine beeindruckende, aber auch leicht verständliche künstlerische Art und Weise den Komplex Leben dar und bildete eine Verbindung des Kulturgartens mit dem Lesegarten und der dahinter bestehenden Blühfläche – geschaffen von Dr. Josef Sommer, sagte Bürgermeister Stephan Dorn in seinem Grußwort. Dabei konnte er neben den beiden Vorsitzenden des Kulturfördervereins Neuhaus Dr. Josef Sommer und Erich Geiling, stellvertretende Landrätin und Bezirksrätin Cornelia Wasner-Sommer, die Leiterin der Maria-Ward-Realschule Neuhaus Realschuldirektorin Astrid Schmid mit Fachlehrerin Julia Meyer, Schülersprecher Philipp Schindl und einigen Schüler sowie Schulleiterin Rektorin Stefanie Schneider von der Grundschule Neuhaus willkommen heißen.

Der Kultur- und Lesegarten, der auf Initiative von Dr. Josef Sommer zurückgehe, erfreue sich großer Beliebtheit, sagte der Bürgermeister. Im Kulturgarten "InnArt" befinden sich zehn Installationen aus Lindenbaumscheiben, schmiedeeisernen Pflanzengebilden und Blattimitationen aus Aluminium, die der Künstler Dr. Josef Sommer als Kreislauf des Lebens bezeichnete. Die Blätter wurden von ihm mit Aphorismen und Gedichten versehen. Dieser Kulturgarten befindet sich in unmittelbarer Nähe zum alten Grenzübergang Neuhaus-Schärding.

Nun hat dieser Kulturgarten mit dem Lebensbaum ein weiteres eindrucksvolles Kunstwerk bekommen. Wie auf einer Tafel neben dem Lebensbaum zu lesen ist, betreuen im Winter die Grundschule Neuhaus und die Realschule Neuhaus das Futterhäuschen der Vögel. Im Frühjahr wird um den Lebensbaum von Sonja Oberpeilsteiner und den Kindern beider Schulen eine Blumenwiese angesät. Mit der Aktion "Lebensbaum" soll auf künstlerische und praktische Weise der Blick dafür geschärft werden, dass Alles mit Allem zusammenhängt und nur als Ganzes überleben kann. Wer im öffentlichen, aber auch im privaten Bereich Interesse an der Aktion "Lebensbaum" hat, kann sich an den Kulturförderverein Neuhaus (kfv-neuhaus@gmx.de) oder an Dr. Josef Sommer (josef.sommer.art@gmail.com) wenden, ist hier zu lesen.

Der Lebensbaum bietet einmal mit dem oben befindlichen Nistkasten eine Nist- aber auch Brutmöglichkeit für die Meisen. Darunter ist das Futterhäuschen, und wiederum eine Etage niedriger ist ein Insektenhotel angebracht – und das jeweils doppelt, denn die eine Seite wird von den Schülern der Realschule und die andere Hälfte von den Grundschülern versorgt und betreut. Auf jeden Fall ist im Lebensbaum das ganze Jahr über, sei es mit den Insekten oder den sicherlich zahlreich kommenden Vogelarten, immer ein reger Betrieb.

Der Lebensbaum hat aber auch einen künstlerischen Bereich, denn die angebrachten Früchte und Blätter hat Dr. Josef Sommer mit Aphorismen versehen. So ist auf einem Blatt über die Göttlichkeit zu lesen: "Als im Baum, im Strauch Gottgestalten wohnten, auf den Gipfeln auch Gottgeschlechter thronten, konnten Menschen Götter greifen, fassen. Wissenschaften haben sie in Mess- und Formelwüsten sterben lassen, haben sie im Wissenssand vergraben. Wenn die Menschen glaubend, wieder etwas Höheres verehren, Weihrauch räuchernd, Asche staubend, sich als Staunende erklären, werden auch die Wissenschaften wieder zu der Wirkstatt neuer Göttlichkeit."

Aber auch der Mücke hat Dr. Sommer ein Blatt gewidmet: "Unter einer alten Trauerweide lag ich tief verträumt. Eine Mücke plagte mich zu Leide. Doch ich hab ihr eingeräumt, frei sich zu bewegen. Durch die Freude, die mein Traum mir bescherte, spürte ich deswegen ihre Stiche kaum."

Gerade in Zeiten des Klimawandels ist sicherlich Josef Sommer die nachstehende Anmerkung eingefallen: "Es behandelt die Natur die Menschen wie die Menschen die Natur behandeln." Aber auch viele weitere Gedanken und Sprüche von Sommer sind auf den Blättern zu lesen.

Sommer sagte, dass es ihm ein Anliegen sei, auf anschauliche und leicht verständliche Art den sehr differenzierten Komplex Leben künstlerisch darzustellen. Es sollte aber kein moralischer Zeigefinger in dem Kunstwerk enthalten sein, den selbst ernannte Weltverbesserer und manische Angstmacher habe man genügend. Wer verstehe, welch wunderbares Gebilde das Leben in allen seinen Ausformungen sei, der werde mit Freude daran mitarbeiten, dieses Leben zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dabei wünschte er sich für den Lebensbaum Ästhetik, Funktionalität und plastische Anschaulichkeit (Vögel fressen die Insekten – die Insekten ernähren sich vom Blütenstaub – die Blumen auf der Wiese brauche die Insekten als Bestäuber – insgesamt ein hochkomplexer Kreislauf), er soll die Freude am Leben und an den Wundern der Natur wecken und beitragen, die Natur auch dauerhaft gut zu behandeln.

Markus Lindmeier

Passauer Neue Presse, 24. November 2021