Zwischen Barock und Moderne
Konzert mit Countertenor Franz Vitzthum und Bernhard Prammer auf der Egedacher-Orgel
18.08.23 –
Von Hans Würdinger
Vornbach. Dieses Konzert des Kulturvereins Neuhaus am „Traditionstermin“ Mariä Himmelfahrt war maßgeschneidert für die Egedacher-Orgel in der Pfarrkirche Vornbach: Der Linzer Organist Bernhard Prammer ist mit dem Instrument bestens vertraut, er kennt den besonderen Klang, seine Stimmungen. Zusammen mit Countertenor Franz Vitzthum, einem absoluten Meister seines Faches, nahm er das leider spärliche Publikum mit auf einen Weg aus der Not in die Zuversicht aus dem Gottvertrauen – einen Weg, der in der Barockzeit auch in der Musik seinen Ausdruck fand. Aber nicht nur Barockmusik gab es hören: Prammer und Vitzthum zeigten auf wahrhaft beeindruckende Weise, dass die Orgel aus dem Jahr 1732 auch für zeitgenössische Kompositionen disponiert ist.
Franz Vitzthum, brillant intonierend, absolut souverän und sicher in jedem Ton, hatte mit Bernhard Prammer unter dem Leitgedanken „Gott hat alles wohlgemacht“ ein Liedprogramm für die Kirche und die Orgel in Vornbach erarbeitet, das einen weiten Bogen schlug, dennoch in sich sowohl thematisch als auch kompositorisch absolut stimmig war. Der estnische Komponist Arvo Pärt (geb. 1935) hatte dem Lied von Robert Burns „My Heart’s in the Highlands“ ein ganz neues, feines musikalisches Kleid gegeben, das etwas von Sehnsucht und Suche nach Frieden spüren ließ und mit dem Franz Vitzthum buchstäblich den Kirchenraum durchschritt.
Barock – das war immer wieder auch Krieg und damit verbundene Angst und Not, Suche nach Heil, Erlösung und Frieden. Der wuchtigen Schlachtenmusik des „Ballo della Battaglia“ von Bernardo Storace (1637-1707) auf der Orgel folgte der „Kriegs-Angst-Seufftzer“ „Ach Gott!“ von Johann Hildebrandt (1614-1684). Der Komponist hatte wohl die Schrecken des Dreißigjährigen Kriegs vor Augen, aber dieses Lied hat nichts an Aktualität verloren: „Ach Gott! Wir habens nicht gewusst, was Krieg für eine Plage ist!“
Barockmusik und expressive Gegenwart muss nicht nur ein Gegenüber sein, sondern lässt sich auch spannend musikalisch verbinden – das zeigte das von Franz Vitzthum mit tiefer Innigkeit gesungene „Vulnerasti cor meum“ – „Du hast mir das Herz genommen, meine Schwester“ aus dem alttestamentlichen Hohenlied der Liebe, vertont von Giovanni Paolo Caprioli (1580-1627) und die Uraufführung einer Neukomposition zum selben Text durch den Kubaner Daniel Toledo Guillén (geb. 1994), die der Komponist in Vornbach mit Begeisterung verfolgte. Guillén zeichnete die Liebesklage durch den schwebend-tremolierenden Klang der Orgel, Franz Vitztthum mit seinem brillierenden Gesang und Bernhard Prammer gelang diese „Übersetzung“ auf dem Instrument mit größter Empathie.
Es muss nicht immer Georg Muffat sein, dessen Werke auf der Egedacher-Orgel erklingen: Barock kann auch musikalisch aktuell werden, etwa in dem „Vergine saggia“, einem alt-italienischem Hymnus, neu komponiert von Ivan Moody (geb. 1964) und noch mehr in der Gegenüberstellung von Johann Sebastian Bach (1685-1750) und dem oberösterreichischen Komponisten Franz Danksagmüller. In dessen „Cantio“ durfte die Barockorgel auch einfach in klaren Linien tremolieren und wurde aus ihrer altehrwürdigen Klangwelt erfrischend lebendig herausgeholt. Hier wurde erneut sie Sorgfalt der Werkauswahl durch Bernhard Prammer für das Konzert sehr deutlich spürbar. „Gott hat alles wohlgemacht“ von Johann Sebastian Bach und das „Vater unser“ von Arvo Pärt wurden musikalisch-bewegender Ausdruck von Zuversicht und Trost, ebenso die Zugabe mit Bachs „Wer nur den lieben Gott lässt walten“.